Unnahbar – Eine Liebe unter Frauen

by on Mai.30, 2010, under Bücher, Erotik, Erzählungen, Fantasy, Gesellschaft, Lesbische Liebe, Mystery, Romanze, Thriller

Eine lesbische Liebesgeschichte, deren Protagonistinnen gezwungen sind, sich ihren seelischen Abgründen ebenso wie ihrer Vergangenheit zu stellen. Einer Vergangenheit, die sich in fataler Weise auf die Gegenwart auszuwirken droht…

Erhältlich als eBook bei Club der Sinne

Leseprobe:

„Entschuldigung noch mal.“
Da war sie wieder, die Stimme, die diesen vertrauten Klang in sich trug, diese leichte Schwingung, die unnötige Dehnung mancher Vokale, den unmerklichen Beigeschmack, der sie so sehr an Joanne erinnerte. Der sie zu sehr an Joanne erinnerte, einen Schmerz erweckte, den sie vergessen geglaubt.
Die junge Frau versuchte sich an einem schwachen Lächeln. „Ich wusste, dass das Tuch nicht Ihnen gehört. Ich wollte nur ein Gespräch mit Ihnen beginnen.“
„Wie bitte?“ Amelia bemühte sich, schnippisch zu klingen, abweisend. Sie hatte Besseres zu tun, als sich von wildfremden Menschen bequatschen zu lassen. „Ich habe leider keine Zeit.“
‚Für so etwas‘, wollte sie noch hinzufügen, doch der Strahl silbernen Lichtes, der in die weit geöffneten Augen des Mädchens traf, sie zum Schimmern brachte, ließ Amelia verstummen.

„Ich wüsste wirklich nicht…“, setzte sie etwas sanfter hinzu, doch ertappte sich dabei, wie ihr Blick sich in dem der anderen verfing. Diese Augenfarbe, dieser eigentümliche Ton zwischen Grün und Blau, nur wenig heller als die sternenlose Dunkelheit, die über ihnen lastete, auch sie war ihr vertraut, blieb seit langen Jahren unverändert in ihr Gedächtnis eingebrannt.
„Es tut mir leid“, stammelte das Mädchen, doch packte sie zugleich mit eisernem Griff um ihr Handgelenk.
„He!“
„Ich bin Felice.“ Sie verstummte, als wäre sie sich ihres ungebührlichen Verhaltens bewusst geworden, zog hastig ihre Finger zurück. „Erinnerst du dich an mich?“
Amelia blinzelte. Eine Erinnerung flackerte auf. Schwach und so rasch, dass sie nicht imstande war, den Eindruck festzuhalten. Und doch wuchs da etwas in ihr, ein Bild, eine Gestalt. Lachen, Sonnenschein, ein Kind. Ein Mädchen in einem hellen Sommerkleid. Sie selbst, glücklich, geliebt. Arm in Arm mit Joanne. Gemeinsam Joannes kleines Töchterchen beobachtend. Das kleine Mädchen, das unbeschwert auf der grünen Wiese, dem satten, englischen Rasen umher tollte. Wie alt mochte das Kind gewesen sein, fünf, sechs?
„Ich war klein.“ Die junge Frau sah Amelia fragend an. „Ein Kind noch. Meine Mutter und du… und Sie…“
Amelia ließ ihren Kopf sinken, bis ihr Haar das Gesicht verdeckte, das, wie sie wusste, entweder blass oder knallrot geworden war. Das Brennen in ihren Wangen sprach für Letzteres.
„Ich verstehe nicht. Joanne?“ Sie schüttelte die Locken zurück, sah suchend nach links und rechts, als würde ein Geist aus der Vergangenheit plötzlich neben ihr auftauchen.
„Mum ist gestorben, schon vor vielen Jahren.“ Felice sah sie aufmerksam an. Sie waren ungefähr gleich groß, zumindest wären sie es, wenn Felice ebenfalls flache Absätze tragen würde. Amelia rieb sich die Stirn und schloss die Augen. Welch seltsame Gedanken einen Menschen in einem solchen Augenblick einholten? Natürlich hatte sie schon vor sehr langer Zeit mit dieser Episode ihres Lebens abgeschlossen. Es gab keinen Grund, für irgendein Gefühl der Trauer, war doch ihre Zeit damals unschön zu Ende gegangen. Sie war verzweifelt und benutzt zurückgelassen worden, ohne dass Joanne einen Zweifel daran gelassen hatte, dass sie für immer aus ihrem Leben verschwinden sollte.
Und doch versetzte ihr die Erkenntnis des Verlustes einen schmerzhaften Stich. Ein weiterer Beweis der eigenen Vergänglichkeit und der Vergänglichkeit derer, die einst geliebt worden waren.
Amelia fing sich wieder, den Blick der anderen förmlich in ihrem Gesicht spürend. „Es tut mir leid, das zu hören.“
Felice zuckte mit den Schultern.
„Sie hatte mich schon lange weggegeben. Da war nichts mehr, weswegen ich sie vermissen könnte.“
„Aber…“ Amelia presste die Lippen zusammen. „Wieso bist du hier? Was führt dich hierher?“
Felices Augenlider senkten sich. Ihre zuvor aufrechte Haltung erhielt einen Knick. „Das ist wirklich schwer zu erklären.“
Unter seidigen Wimpern sah sie scheu nach oben, ihre Erscheinung verwandelte sich von der einer jungen Frau in die eines unsicheren Kindes.
„Aber woher weißt du denn, wer ich bin, wo du mich finden konntest?“
„Ich wusste es nicht.“ Felice lächelte zaghaft. „Aber du warst nicht schwer zu entdecken. Mum hatte immer noch deine Adresse.“
„Aber wieso hast du nicht angerufen?“ In Amelias Kopf brummte es.
„Hab mich nicht getraut.“ Das Mädchen lächelte unvermutet. „Und was hätte ich sagen sollen?“
Amelia errötete. Verlegen sah sie sich um. „Wo wohnst du eigentlich?“
Wieder zuckte Felice die Achseln, schwieg beinahe trotzig.

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